11|02|2025

Stellungnahme zur Forderung der Senkung des Strafmündigkeitsalters durch CDU Generalsekretär 

Hinsichtlich der aktuellen Thesen von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zur Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters sind sich die kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Verbände BAG KJPP und BKJPP und die wissenschaftlichen Fachgesellschaft DGKJP einig: “Eine erschreckende Entwicklung hin zu einem Populismus – auf dem Rücken von Minderjährigen!”.

Gewalttaten von Kindern sind furchtbar, die Angehörigen der Opfer leiden extrem und jeder Fall ist ein Fall zu viel. Diese Taten aber im Wahlkampf zu nutzen, noch dazu in einer Parallele zu anderen schrecklichen Ereignissen, halten Verbände wie Fachgesellschaft – trotz Wahlkampf – für nicht vertretbar.

Linnemann hatte eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters von 14 auf 12 Jahre gefordert und verwies dabei auf die Schweiz. Dabei verbreitete er „fake news“ – die Schweiz hat das Strafmündigkeitsalter nicht gesenkt.

Bisher war die CDU/CSU immer offen für Beratung aus der Wissenschaft durch die jeweiligen Expert:innen, stellen DGKJP, BKJPP und BAG KJPP in ihrer gemeinsamen Stellungnahme fest. Sie hoffen dringend, dass die CDU/CSU sich wieder auf ihren bisherigen Kurs besinnt, im Dialog mit entsprechender Expertise Schlussfolgerungen zu ziehen. Empörung halten sie an anderer Stelle für angebracht, etwa wenn es um den allgemeinen Gewaltschutz von Kindern und Jugendlichen, auch im digitalen Raum etc., geht. Es wäre erfreulich, aber sicher nicht so öffentlichkeitswirksam, wenn das Generalsekretariat der CDU sich auch hier öffentlich äußern würde und entsprechende Konzepte für das Aufwachsen von Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen vorlegen könnte.

Fakten zur Delinquenz bei Minderjährigen:

  • Gewalttaten bei Minderjährigen sind meist impulsive Taten, bei denen die Fähigkeit, das Unrecht der Tat zu sehen und die Folgen des Handelns abzuschätzen und das eigene Handeln entsprechend zu steuern, entwicklungsbedingt nicht mit Erwachsenen vergleichbar ist. Diese im § 3 JGG niedergelegte Erkenntnis gilt zu Recht EU-weit als vorbildlich und wurde in das Jugendstrafrecht anderer Staaten übernommen.
  • Schwere Gewalttaten durch unter 14-Jährige sind in diesem Altersabschnitt extrem selten, erregen aber die mediale Aufmerksamkeit.
  • Eine abschreckende Wirkung durch eine Altersabsenkung der Strafmündigkeit ist weder belegt noch wahrscheinlich, auch aufgrund der hohen entwicklungsbedingten Impulsivität.
  • Der oberflächliche Vergleich mit anderen Ländern ist unredlich. Hierzu müsste dann ggf. auch das gesamte System des Jugendstrafrechts einbezogen werden. Das beliebte Beispiel der Schweiz „sperrt Kinder“ eben nicht weg, sondern sieht Kinder- und Jugendhilfemaßnahmen (wie in Deutschland) vor, jedoch ist das System hierzu um ein vielfach Höheres mit finanziellen Mitteln ausgestattet als in Deutschland. Inhaftierung ist in der Schweiz erst ab dem Alter von 15 Jahren möglich – anders als bei uns, wo dafür die Untergrenze von 14 Jahren gilt.
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