MDK-Reformgesetz
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für bessere und unabhängige Prüfungen – MDK- Reformgesetz
Das Bundesgesundheitsministerium hat am 02. Mai 2019 einen Referentenentwurf vorgelegt und damit langjährigen Forderungen der Fachverbände in Richtung auf eine Reduzierung des „Misstrauensaufwandes“ zu entsprechen versucht.
Zu begrüßen ist die Intention, den Medizinischen Dienst zu einer unabhängigen Körperschaft zu entwickeln – diese wird er aber unabhängig von der Rechtsform erst dann werden, wenn die Absicht hauptamtliche Mitarbeiter der Krankenversicherungen aus den Verwaltungsräten auszuschließen, wirklich umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Berufung von Patientenvertretern, Ärztevertretern und Vertretern des Pflegepersonals in den jeweiligen Verwaltungsrat.
Positiv bewerten wir ebenfalls das Aufrechnungsverbot der Krankenkassen – gerade in kleinen KJPP-Einrichtungen war die Liquidität dadurch teilweise ernsthaft gefährdet.
Ebenso begrüßen wir die Bindung der Krankenkassen an das Prüfergebnis des Medizinischen Dienstes, auch wenn die logische Konsequenz eine Unmöglichkeit für die Krankenhäuser ist, noch Informationen zur Behandlung im Nachgang nachzutragen, um dem Prüfergebnis fundiert zu widersprechen.
Eine Ombudsstelle für Patienten/ Versicherte und Beschäftigte der Medizinischen Dienste ist überfällig.
Die Evaluation der Neuregelungen drängt sich auf, sollte aber aus Gründen der wissenschaftlichen Objektivität extern und nicht durch die Selbstverwaltung selbst erfolgen.
Dennoch besteht aus Sicht der DGKJP in einigen Punkten ein Nachbesserungsbedarf, den wir im Folgenden ausführen möchten.
Überdenkenswerte Punkte im MDK-Reformgesetz sind die folgenden:
1. Eine Prüfquote würde den Prüfaufwand erheblich verringern und wirkt zunächst als ein sinnvolles Mittel. Allerdings besteht unsererseits Sorge, dass eine auf das gesamte Krankenhaus bezogene Prüfquote dennoch kleinere Fächer und spezifische Settings zu wenig berücksichtigt, als dass eine Mittelung der Prüfquote über alle Abteilungen und Bereiche eines Krankenhauses dennoch hohe Prüfquoten in kleinen Bereichen zulässt. Derzeit betrifft das die stationsäquivalente Behandlung nach § 115d SGB V, die zu nahezu 100 % geprüft wird. Das behindert die Einführung des politisch gewollten und fachlich begrüßten Angebots immens.
Möglicherweise ist die spezielle Problematik im Sinne der Förderung der Ambulantisierung nach § 115 b zu berücksichtigen (s.u.). Ansonsten plädieren wir für die Einführung eines Settingbezugs dahingehend, dass insbesondere kleine Untereinheiten eines Krankenhauses (Tageskliniken, Stationsäquivalente Behandlungsteams) nur zu 20 % geprüft werden dürfen.
2. Das Verbot von nicht abschließend ausgeführten Sondervereinbarungen nach § 275c Abs 7 SGB V bedarf aus Sicht der Kinder- und Jugendpsychiatrie einer spezifischeren Betrachtung. Sofern Sondervereinbarungen in Hinsicht auf einen „Prüfkorridor“ insbesondere im Bereich der Suchtbehandlung Jugendlicher abgeschlossen wurden (keine Prüfung von Fehlbelegungen bei Einhalten eines Verweildauerkorridors von x Tagen), ist das ein sinnvolles Instrument. Es sei darauf hingewiesen, dass im Bereich der Suchtbehandlung Jugendlicher eher eine längere Durchschnittsverweildauer als eine kürzere als Qualitätsmerkmal gelten kann, da sie positiv auf eine gute „Haltequote“ in der Behandlung hinweist. Erst bei notwendiger Überschreitung einer vereinbarten Grenzverweildauer erfolgt in einem solchen Rahmen eine – sinnvolle – Rückkoppelung mit dem Kostenträger bzw. mit dem Medizinischen Dienst hinsichtlich einer Verlängerung. Die Fortexistenz solcher aus unserer Sicht fachlich sinnvollen Vereinbarungen sollte sichergestellt sein.
3. So sehr die elektronische Übermittlung von Prüfunterlagen nach § 275 c Abs. 4 SGB V aus Umweltschutzgründen zu begrüßen ist, sollte zusätzlich auf rein elektronische Übermittlung mit Verschlüsselungstechnologie abgestellt werden. Zu ärgerlich ist der aktuell gelegentlich zu beklagende, auch datenschutztechnisch bedenkliche Verlust von Datenträgern auf dem Postweg.
4. Die Strukturprüfungen nach § 115 b) sollten auch auf die psychiatrischen Einrichtungen mit den Leistungen nach § 115 d) ausgedehnt werden, die nicht sicher – weder im Gesetzentwurf noch in der Begründung – mit gemeint sind. Strukturprüfungen, die im Psych VVG bereits für die Psychiatrie etabliert wurden, sollten insgesamt einer harmonisierten Regelung für alle Fachgebiete unterzogen werden.
5. Im Sinne unseres Punktes 4. sollten die Bedürfnisse Behinderter im Rahmen der Ambulantisierung von Krankenhausleistungen auch für nicht operative Fächer besonders berücksichtigt werden. So ist unser Fachgebiet am Rande betroffen von der gering vorhandenen Möglichkeit, schwer mehrfachbehinderte junge Erwachsene nach Entwachsen der Behandlung und Betreuung durch sozialpädiatrische Zentren durch epileptologische Zentren ambulant, in Einrichtungen auch aufsuchend, diagnostizieren und behandeln zu lassen. Wir fordern das Bundesgesundheitsministerium auf, den Selbstverwaltungspartnern hier, etwa im Rahmen der Gesetzesbegründung, deutlichere Hinweise zu geben. Die MZEBs nach § 116 SGB V stellen hierfür keine realistische Alternative dar.
6. Die Änderung der BPflV § 8 und § 11 in Artikel 5 des Referentenentwurfs muss für kleinere, insbesondere pflichtversorgende Einheiten der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Nachbesserungsfrist offenlassen. Die Formulierung im Gesetzentwurf ist abschließend formuliert und bedeutet bei Unterschreiten der Strukturmerkmale die Gefahr eines Klinik- oder Abteilungssterbens. Es sei darauf hingewiesen, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie bereits derzeit nicht wohnortnah aufgestellt sein kann und dass je nach regionaler Betten- und Abteilungsdichte für die Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher bei nicht korrigierbarer Feststellung eines Leistungsverbots der Zusammenbruch der Versorgung einer Region die Folge sein kann. Zumindest müssten die Selbstverwaltungsträger verpflichtet werden, dann Wege für die weitere Versorgung psychisch kranker Jugendlicher zu suchen oder den Krankenhausträger bei der Nachbesserung der Strukturvorgaben zu unterstützen und diese in einem gegebenen Zeitraum nochmals zu überprüfen.